INTERNATIONALE RECHNUNGSLEGUNG
Konzernbilanzielle Abbildung von Reorganisationen nach IFRS 3 – Überblick über IDW RS HFA 50 – Modul 2
Konzerne unterliegen einem ständigen Wandel. Einzelne Gesellschaften werden aus unterschiedlichen Gründen u.a. erworben oder veräußert. Solche Maßnahmen besitzen in der Regel unmittelbare Auswirkungen auf den Konzernabschluss.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit rein gruppeninterne Umstrukturierungen einen Effekt auf einen Konzernabschluss haben können. Hierzu zählen Reorganisationen unter Nutzung einer neu gegründeten Gesellschaft bzw. einer Mantel- oder Vorratsgesellschaft, die keinen Geschäftsbetrieb i.S.v. IFRS 3 besitzen. Mit dieser Fragestellung hat sich der HFA jüngst auseinandergesetzt.

Fallkonstellationen der Reorganisation bzw. Umstrukturierung

Der HFA stellt zwei Beispiele (A und B) dar. Beide Sachverhalte sehen in einer gegebenen Konzernstruktur die Gründung einer Newco ohne einen eigenen Geschäftsbetrieb als Zwischenholding durch die oberste Konzern-Muttergesellschaft vor.

Fall A beschreibt eine Reorganisation. Eine neu gegründete Newco erhält alle Anteile an einer bereits existierenden Zwischenholding gegen Ausgabe eigener Anteile. Unter dieser Zwischenholding befinden sich alle weiteren Gesellschaften des Konzerns.

Fall B betrifft den Fall einer gruppeninternen Neustrukturierung durch Zusammenführung von (langjährigen) operativen Tochtergesellschaften unterhalb einer zu diesem Zwecke neu gegründeten Newco (während andere operative Gesellschaften weiterhin der Muttergesellschaft direkt zugeordnet bleiben).

In beiden Fällen ergeben sich aus Sicht der obersten Muttergesellschaft keine wirtschaftlichen Änderungen. Es handelt sich jeweils um eine Transaktion unter gemeinsamer Kontrolle (common control transaction), die vom Anwendungsbereich des IFRS 3 explizit ausgenommen ist (IFRS 3.2(c)).

Ökonomisches Verständnis des Konzernabschlusses

Die IFRS enthalten somit für die beschriebenen Sachverhalte keine expliziten Regelungen. Ob sich für diese Fälle Auswirkungen für die Konzernrechnungslegungen ergeben, ist somit von den allgemeinen Grundsätzen der Vermittlung relevanter und verlässlicher Informationen für den wirtschaftlichen Entscheidungsprozess abhängig (IAS 8.10 ff.).

Zu unterscheiden ist die Einordnung als reine Kapitalreorganisation (Buchwertfortführung) oder als Unternehmenszusammenschluss i.S.d. IFRS 3 (Erwerbsmethode).

Unbestritten dürfte die Beurteilung aus Sicht der obersten Muttergesellschaft sein. Diese Gesellschaft behält über sämtliche Konzernunternehmen die Kontrolle. Eine ökonomische Änderung besteht nicht. Die neu hinzutretende Newco besitzt keinen eigenen Geschäftsbetrieb. Eine Buchwertfortführung ist geboten.

Strittiger ist die Beurteilung auf Ebene des neu entstehenden Teilkonzerns der Newco.

Verständnis der ökonomischen Veränderungen auf Ebene des Teilkonzerns

In Fall A handelt es sich im Teilkonzernabschluss der Newco um eine reine Kapitalreorganisation. Die Newco erwirbt lediglich eine berichterstattende Unternehmensgruppe. Eine wesentliche Veränderung der wirtschaftlichen Einheit liegt nicht vor. Die bisherigen Buchwerte sind im neuen Konzernabschluss der Newco fortzuführen.

Im Fall B hingegen erwirbt die Newco mehrere Einheiten. Durch die Zusammenführung der Geschäftsbetriebe kommt es zu einer wesentlichen Änderung der bestehenden Einheiten, ein neuer Teilkonzern entsteht und die Voraussetzungen eines Unternehmenszusammenschlusses auf Ebene der Newco i.S.d. IFRS 3 werden erfüllt. Nach IDW RS HFA 2 Rn. 15 ff. kommen für die bilanzielle Abbildung zwei Ansätze in Frage, die vom Verständnis des Teilkonzernabschlusses abhängig sind:
  • Verständnis des Teilkonzernabschlusses als eigenständigen Konzernabschluss (sog. separate reporting entity approach) oder
  • Verständnis des Teilkonzernabschlusses als Ausschnitt aus dem Konzernabschluss des übergeordneten Mutterunternehmens (sog. predecessor accounting)

Würdigung

Die Interpretation des Teilkonzernabschlusses als eigenständigen Konzernabschluss führt zur Abbildung als Unternehmenserwerb im Sinne einer Transaktion unter fremden Dritten entsprechend IFRS 3. Es ist ein Konzernabschluss unter Anwendung der Erwerbsmethode aufzustellen. Sollte die Newco im Rahmen des Erwerbs nur Eigenkapitalanteile an die Muttergesellschaft ausgeben, scheidet sie regelmäßig als Erwerber aus. Damit ist eine der erworbenen (bereits bestehenden) Tochterunternehmen als Erwerber zu bestimmen. Als bestimmendes Kriterium für diese Beurteilung kommen hier insbesondere die Fair Value-Relationen der Tochterunternehmen in Betracht.

Ein Verständnis als Ausschnitt aus dem Konzernabschluss des Mutterunternehmens führt hingegen unter Bezugnahme auf IAS 8.10 ff. zwingend zur Buchwertfortführung.

Dieses implizite Wahlrecht der Einordnung des Teilkonzernes lässt bilanzpolitische Möglichkeiten für bestehende Konzerne entstehen. Ohne realwirtschaftliche Änderungen können Teilkonzerne wie im Rahmen eines Unternehmenserwerbs von fremden Dritten dargestellt werden und einer Neubewertung unterworfen werden.

Zu berücksichtigen ist einzig, dass die gewählte Methode bei gleichartigen Geschäftsvorfällen zukünftig beizubehalten ist.
 
Der Autor
Dr. Philipp Rottke
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Bonn
philipp.rottke@fgs.de
T 0228/95 94-0
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