Weitere umsatzsteuerliche Neuerungen im JStG 2019

1. Ermäßigter Steuersatz für E-Books

Veröffentlichungen in elektronischer Form, worunter insbesondere E-Books fallen, sollen künftig dem ermäßigten Steuersatz von 7% unterliegen, wenn sie funktional herkömmlichen Printmedien entsprechen. Die Ermäßigung wird damit nicht mehr nur für Druckerzeugnisse gewährt, sondern zeitgemäß auch auf digitale Veröffentlichungen ausgedehnt. Ausgenommen hiervon sind solche Leistungen, die über den Zweck analoger Medien hinausgehen, indem sie z.B. Funktionen bieten, die keine physische Entsprechung haben (wie bspw. eingebettete Videos).

Das Kriterium der Vergleichbarkeit mit „herkömmlichen“ Erzeugnissen wird dabei durch den europäischen Rechtsrahmen vorgegeben. Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, die Frage über eine erweiterte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an die Europäische Kommission heranzutragen und eine Vereinbarkeit mit der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie zu eruieren.

2. Wegfall der gesonderten Ortsbestimmung bei Wertabgaben

Unentgeltliche Wertabgaben sind in Deutschland bisher am Sitz des abgebenden Unternehmens zu besteuern (§ 3f UStG). Mit dem Wegfall der gesonderten Ortsregelung greifen künftig auch hier die allgemeinen Vorschriften.

Die Besteuerung unentgeltlicher Warenabgaben richtet sich daher künftig nach dem Ort der Warenabgabe (warenbewegte Lieferung: § 3 Abs. 6 UStG; unbewegte Lieferung: § 3 Abs. 7 UStG).

Für unentgeltliche sonstige Leistungen bleibt es regelmäßig beim Sitz des leistenden Unternehmens, sofern keine Spezialregeln greifen. Besonderheiten ergeben sich jedoch beispielsweise bei Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken (Leistungsort: Belegenheit des Grundstücks) oder der kurzfristigen Überlassung von Fahrzeugen (Leistungsort: Übergabeort).

3. Reiseleistungen (§ 25 UStG)

Im Nachgang zu dem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik (EuGH, Urt. v. 8.2.2018 – C-380/16) entfällt die nationale Beschränkung der Margenbesteuerung für Reiseleistungen auf den Endkonsumentenbereich (B2C). In Zukunft sind daher auch Reiseleistungen von der Sonderregelung umfasst, die an unternehmerische Kunden erbracht werden. Entsprechend werden künftig sämtliche Fragen, die sich in diesem Bereich bisher schon stellen, künftig auch bei Erbringung an Unternehmer ergeben.

Hieraus werden nicht nur für Reiseveranstalter und -büros, sondern in der Folge auch für die leistungsempfangenden Unternehmen erhebliche Veränderungen resultieren.

Außerdem soll ab dem 31. Dezember 2021 die Möglichkeit der Gesamt-/Gruppenmargenbildung als Bemessungsgrundlage entfallen.

4. Haftung bei Steuerhinterziehung

Bisher regelt § 25d UStG die Haftung des Unternehmers (Rechnungsempfänger) für die von einem Lieferanten (Rechnungsaussteller) ausgewiesene Umsatzsteuer, sofern er wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechnungsaussteller die ausgewiesene und geschuldete Umsatzsteuer absichtlich nicht entrichtet hat. Die Vorschrift dient vor allem der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs bei sogenannten Karussellgeschäften. Sie findet jedoch, speziell mit Blick auf die jüngere Rechtsprechung (vgl. BFH, Urt. v. 10.8.2017 – V R 2/17) in der Praxis nur eingeschränkte Anwendung und soll nun gestrichen werden.

Geplant ist stattdessen mit Blick auf die EuGH Rechtsprechung (EuGH, Urt. v. 18.12.2014 – C-131/13 „Italmoda“) eine unmittelbare Sanktionierung. Die neue Regelung (§ 25f UStG) versagt in Hinterziehungsfällen einen entsprechenden Vorsteuerabzug oder die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen. Voraussetzung der neuen Sanktionsregelung ist, dass der Unternehmer von der Beteiligung an einer Hinterziehung wusste oder hätte wissen müssen. Allerdings enthält die Neuregelung im Gegensatz zu § 25d UStG keine näheren Ausführungen zum Tatbestand des Kennenmüssens.

5. Ausfuhrlieferungen

Neu aufgenommen in den Regierungsentwurf wurde eine betragsmäßige Grenze für die Befreiung von Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr. Diese sollen erst ab einem Rechnungsbetrag über EUR 50 freigestellt werden (§ 6 Absatz 3a UStG-RegE). Hintergrund ist insbesondere der Grenzverkehr zur Schweiz und die hohen Abfertigungszahlen aufgrund des bestehenden Preisgefälles.

6. Steuerbefreiung für Restaurationsumsätze an Bord von Seeschiffen

Die Steuerbefreiung für Restaurationsleistungen auf Seeschiffen nach § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG, deren Wegfall im Referentenentwurf noch vorgesehen war, bleibt nach dem Regierungsentwurf in seiner jetzigen Form erhalten.

7. Einschränkungen des Vorsteuerabzugs für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer

Unternehmer, die nicht in der EU ansässig sind und denen in Deutschland Vorsteuerbeträge entstehen, können von der Vorsteuereinschränkung des § 15 Abs. 4b UStG-RegE betroffen sein, d.h. diese müssen für die Vorsteuererstattung. Der Kreis der Betroffenen wird nun durch den Regierungsentwurf um diejenigen Unternehmer erweitert, die als Leistungsempfänger (§ 13b Abs. 5 UStG) und Aussteller einer Rechnung nach § 14c Abs. 2 UStG Steuerschuldner sind. Der Referentenentwurf enthielt hier bereits die Erweiterung, dass zukünftig auch Drittstaatenunternehmer von der Vorsteuereinschränkung betroffen sind, die Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 UStG oder nach § 13b Abs. 5 UStG und als Aussteller einer Rechnung nach § 14c Abs. 1 UStG sind.

8. Erteilung und Begrenzung der USt-IdNr.

Die Stellungnahme des Bundesrates v. 20. September 2019 enthält einen Vorschlag zur Änderung des § 27a UStG. Demnach soll der Antrag auf Erteilung einer USt-IdNr. abgelehnt werden können, wenn ernsthafte Anzeichen dafür vorliegen, dass der Unternehmer nicht redlich ist, sondern durch betrügerische Handlungen die Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens verursachen könnten. Zudem soll es für die zuständige Behörde möglich sein, aus den gleichen Gründen eine Begrenzung der USt-IdNr. vorzunehmen.

Die Regelung soll der Verwaltung eine gesetzliche Grundlage schaffen, um die von einem betrügerisch agierenden Unternehmer beantragte USt-IdNr. abzulehnen bzw. eine bereits erteile Nummer mit Wirkung für die Zukunft für ungültig zu erklären. Eine vergleichbare Regelung besteht bereits in zwölf anderen Mitgliedsstaaten. Dies entspricht der EuGH-Rechtsprechung, sowie den kürzlich nochmals durch Beschluss vom BFH bestätigten Grundsätzen zum öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erteilung, sowie der Versagung einer Steuernummer zur Verhinderung von Steuerhinterziehung (EuGH, Urt. v. 14.3.2013 – C-527/11; BFH, Beschl. v. 17.7.2019 – V B 28/19).

Außerdem strebt der Bundesrat an, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Legaldefinition des Begriffs „Verwenden“ der USt-IdNr. in das UStG aufzunehmen. Der Begriff ist bisher nicht gesetzlich definiert. Gegenwärtig ist im Zusammenhang mit dem ig. Erwerb bisher umstritten, wann ein aktives Verwenden der USt-IdNr. vorliegt.
 
Der Autor
Rainald Vobbe
StB, Dipl.-Fw., Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern, Bonn
rainald.vobbe@fgs.de
T 0228/95 94-0
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